Autorin: Prof. Dr. Maren Urner
Paperback: 224 Seiten
Verlag: Droemer HC
Auflage: 1 (2019)
ISBN-13: 9783426277768
Preis: 16,99 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Darum geht‘s
Immer und überall werden wir verführt, zu klicken, zu scrollen und zu swipen. Aus dem einfachen Grund, dass die wertvollste Ressource im 21. Jahrhundert nicht mehr die Information, sondern unsere Aufmerksamkeit ist.
Prof. Dr. Maren Urner: Schluss mit dem täglichen Weltuntergang, 2019
Wenn Informationen nicht mehr das wichtigste Gut sind, womit arbeiten Journalisten dann und wie objektiv kann die Berichterstattung sein? Alle Journalisten pauschal der Lüge zu bezichtigen finde ich übertrieben. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir uns kritisch mit jeglicher Berichterstattung auseinandersetzen sollten.
Umsetzung
Das Buch richtet sich an Journalisten, ist aber auch für Medienkonsumenten interessant. Die Autorin entlarvt den vielbeschworenen objektiven Journalismus als Fata Morgana. Sie ruft die Journalisten dazu auf, sich bewusst zu werden, dass sie nicht nur als Unbeteiligte berichten. Und auch die Medienkonsumenten müssen sich kritischer mit Berichterstattung auseinandersetzen.
[…]aber ich bin davon überzeugt, dass alle Beteiligten profitieren würden, wenn im medialen Diskurs ein paar weniger Parolen und Pauschalaussagen, gepaart mit emotionaler Schärfe, einem offenen und ehrlichen Für und Wider weichen würden.
Prof. Dr. Maren Urner: Schluss mit dem täglichen Weltuntergang, 2019
Die Autorin fordert klarere Definitionen für die Berichterstattung. Das Wort Krise wird von Journalisten und Politikern permanent gebraucht. Aber was ist eine Krise? Ab wann tritt eine Krise ein und ab wann ist sie überstanden?
Das beste Beispiel ist die 2. Welle von Corona. Über Wochen und Monate wurde über die 2. Welle diskutiert und vor ihr gewarnt. Aber ganz ehrlich: was sind die objektiven Kriterien, ab wann wir von der zweiten Welle sprechen? Ist es die Anzahl an Neuinfektionen überhaupt, die Auslastung der Intensivbetten, der R-Faktor, die Anzahl von Infizierten pro 100.000 je Gemeinde? Angeblich ist die 2. Welle genau jetzt. Dann frage ich doch einfach mal: Wann ist sie vorbei? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit wir diese als überstanden ansehen können? Wie wollen wir über etwas reden, wenn wir nur schwammige Begriffe benutzen?
Das Reden über Probleme schafft Probleme, das Reden über Lösungen schafft Lösungen.
Steve de Shazer, Psychotherapeut
Die Autorin zieht sehr viele Studien heran, um ihre Positionen zu untermauern. Ihre Quellen stellt sie am Ende des Buchs zur Verfügung. Sie fordert den konstruktiven Journalismus. Dieser richtet sich nicht einseitig darauf, auf Probleme und Katastrophen hinzuweisen, sondern auch Lösungsvorschläge zur Diskussion zu stellen. Hierzu zeigt sie immer wieder, dass die Journalisten gar nicht selbst an Lösungen arbeiten müssen. Es gibt weltweit unzählige Initiativen, die bereits an Lösungsansätzen zu den verschiedensten Herausforderungen arbeiten und zum Teil bereits Erfolge vorweisen können.
Wer seinen Morgen mit Gewalt und Schrecken beginnt, normalisiert beides irgendwann. In der digitalen Welt des Dauerbeschusses mit Nachrichten pendeln wir also zwischen ständiger Alarmbereitschaft auf der einen Seite und Desensibilisierung auf der anderen Seite.
Prof. Dr. Maren Urner: Schluss mit dem täglichen Weltuntergang, 2019
Darüber hinaus plädiert sie dafür, dass auch positive Nachrichten Einzug in den Journalismus finden sollten. Wusstet ihr beispielsweise, dass weltweit bereits rund 87% aller Menschen lesen und schreiben können? Sie verweist auf den Ignoranztest und lässt die Leser selbst ein paar Fragen beantworten. So konnte ich selbst feststellen, dass ich so manche Wahrnehmung hinterfragen sollte. Deshalb wünscht sie sich, dass zu den klassischen W-Fragen des Journalismus eine hinzukommt: „Was jetzt?“ oder „Wie geht es weiter?“
Sie beschränkt sich nicht nur auf Medienkritik, sondern fordert ein stärkeres, öffentliches Engagement der Wissenschaft. So berichtet sie davon, dass es an den Universitäten Englands zum Selbstverständnis der Dozenten gehört, wissenschaftliche Ergebnisse auf Twitter oder Facebook für die Allgemeinheit verständlich formuliert zu veröffentlichen, um das Wissen der Gesellschaft zu mehren.
Einzelnen Vergleichen kann ich nicht zustimmen. Die Autorin informiert darüber, dass statistisch betrachtet jährlich mehr Menschen (nicht nur Kinder) an Kugelschreibern sterben, als an Terroranschlägen. Nun, ich bin sehr sicher, dass noch nie ein Kugelschreiber mit dem Ziel aufgestanden ist, Menschen zu töten. Beim Islamisten wiederum sehe ich das anders. Deshalb denke ich, dass nicht alles auf Statistiken heruntergebrochen werden kann und sollte.
Die Autorin fordert nicht nur konstruktiven Journalismus, sie hat eine Online-Zeitung gegründet, die ausschließlich Mitgliederfinanziert ist. In dieser wird pro Tag nur ein Artikel veröffentlicht, in dem nicht nur Probleme, sondern auch Lösungsansätze und gute Neuigkeiten Platz finden sollen. Das Engagement finde ich gut, doch weist sie sehr oft, auf das eigene Unternehmen hin, was ich ab der Mitte des Buches dann doch als nervige Eigenwerbung empfand.
Und hier die Kurzzusammenfassung
- Aussagen werden oft mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauert
- kritischer, aber nicht abwertender Blick auf Medien und Journalismus
- Richtet sich an Journalisten, ist aber auch für Medienkonsumenten allgemein interessant
- sehr viel Eigenwerbung
Meine Meinung
Die Lektüre dieses Buches hat sich gelohnt. Es richtet sich in erster Linie an Journalisten, ist aber auch für uns Konsumenten von Medien interessant. Die Autorin zeigt anhand wissenschaftlicher Studien Fehlentwicklungen in der Berichterstattung auf und bietet Lösungsansätze an. Einziges Manko für mich ist, dass die Eigenwerbung ab dem letzten Drittel des Buchs überhandnimmt.
4 von 5 Sternen
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Auf der Verlagsseite könnt ihr einen Blick ins Buch werfen und „Schluss mit dem täglichen Weltuntergang“ bestellen. Der Titel ist auch in der Onleihe erhältlich.
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Dieses Buch habe ich über die Onleihe ausgeliehen.